E i n i g e s  B l i n z e l n
galerie hofmatt
13. April — 12. Mai 2024


Aussichtsplattform Lungern. Es ist nicht viel Platz zwischen Lopper und Brünig und vom Titlis bis zum Fürstei. Kleiner Teller, zackiger Rand. Überschaubar, überblickt. In der Mitte ein See. Sein Wasser höhlt den Raum aus nach unten. Die Scheibe verlängert sich zur Röhre. Geschichtetes Flüssig. Höre abseits von Dingen, die nicht mehr sind. Bekomme Unglaublichkeiten erzählt. Wo anfangen?

Zum Beispiel hier: Haltestelle ETH/Universitätsspital, Rämistrasse 101, Zürich. Mitarbeitende von Gedächtnisinstitutionen würden vermutlich sagen, ihre Aufgabe sei kein Verlustgeschäft. Eben gerade nicht. Man lege doch eifrig Verweise, immer mehr davon. Speichert Wissen um Namen und Orte, legt Signaturen an, akzessioniert unzählige Deposita. Lücken gäbe es schon, würden sie vielleicht früher oder später eingestehen. Aber am Ende des Tagdes bilde man eben doch Institutionen des Immerhins. Tatsächlich liegt nicht Nichts dort, in den Reihen und Rollschränken. Ich gebe zu, man hat etwas in der Hand, in einem Archiv. Eine Postkarte zum Beispiel. Nr. 3589 zum Beispiel. Etwa 9 Gramm. Zufällig in meine Hand geraten, hier in Zürich. Eine der beiden ausgestellten Arbeiten, Alp Ohr / Paul, beschäftigt sich mit dieser Postkarte. Kann man fotografieren, was nicht mehr da ist? Ist nichts mehr da? Und wenn durch das Fotografieren anschliessend mehr da ist, was ist das genau für ein mehr?

Im eigenen Gedächtnis. Muss aufpassen, bin mit wenig Halt unterwegs. Die Trittsicheren sind mir verdächtig, da ich sehr vergesslich bin. Die zweite ausgestellte Serie, Waldenburg, geht der Erzählung einer Erzählung nach, ins Dickicht der Erinnerung. Man spricht gemeinhin über das Gedächtnis, als produziere es Sichtbares. Besuch im eigenen Film. Aber der Kinematograph bewegt sich ständig, baut sein Zelt immer neu, bewirbt sich. Hat Respekt vor dem eigenen Publikum. Der Zugriff auf Gesehenes ist keine programmierte Aufführung. Das innere Auge ist Zutun und Wunsch. Abspielen beansprucht die Kasette. Nicht einmal in uns wird das Gesehene ruhig. Ich treffe eine Frau, die als Mädchen ein Wunder sah. Wir unterhalten uns lange. Wird Anschauung mit fortschreitender Zeit kleiner? Sich erinnern: Fehlen sehen. 







Impressionen



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