Reportagen ↓
2015-2023
with and without Assignment
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«Ich kleiner Wildfang»
2022, coming soon
Klick. Im Sommer 1869 marschiert eine Gruppe «armer Mägde» auf einer Schotterstrasse in Richtung Rotsandnollen. Für die meisten Frauen des entstehenden Konvents bedeutet die Reise den Rückzug aus der Stadt und ein Leben innerhalb kleinster Radien – aber nicht für alle. Aus existenziellem Geldmangel werden jahrzehntelang Schwestern losgeschickt, um in West- und Osteuropa finanzielle Mittel für den Betrieb eines richtigen Klosters zu sammeln. Eine neue Kirche soll es geben und einen Schlaftrakt und ein Krankenhaus und eine Schule. Sie gehen clever vor und bringen riesige Summen auf selbstständig organisierten «Bettelreisen». Die Religionsgemeinschaft wächst rasant und wird elementarer Bestandteil der kleinen Gemeinde. Klick. 150 Jahre später verabschieden sich die wenigen verbleibenden Benediktinerschwestern von ihrem Zuhause und ziehen 2019 in eine modernere Klostergemeinschaft im Tal. Es hat einen Lift und W-Lan. Kisten werden gestapelt, bereits Entdecktes erneut hervorgeholt. Bei Umzugsvorbereitungen findet sich das Tagebuch einer reisenden Schwester aus dem 19. Jahrhundert.
2022, coming soon
Klick. Im Sommer 1869 marschiert eine Gruppe «armer Mägde» auf einer Schotterstrasse in Richtung Rotsandnollen. Für die meisten Frauen des entstehenden Konvents bedeutet die Reise den Rückzug aus der Stadt und ein Leben innerhalb kleinster Radien – aber nicht für alle. Aus existenziellem Geldmangel werden jahrzehntelang Schwestern losgeschickt, um in West- und Osteuropa finanzielle Mittel für den Betrieb eines richtigen Klosters zu sammeln. Eine neue Kirche soll es geben und einen Schlaftrakt und ein Krankenhaus und eine Schule. Sie gehen clever vor und bringen riesige Summen auf selbstständig organisierten «Bettelreisen». Die Religionsgemeinschaft wächst rasant und wird elementarer Bestandteil der kleinen Gemeinde. Klick. 150 Jahre später verabschieden sich die wenigen verbleibenden Benediktinerschwestern von ihrem Zuhause und ziehen 2019 in eine modernere Klostergemeinschaft im Tal. Es hat einen Lift und W-Lan. Kisten werden gestapelt, bereits Entdecktes erneut hervorgeholt. Bei Umzugsvorbereitungen findet sich das Tagebuch einer reisenden Schwester aus dem 19. Jahrhundert.
2022, coming soon
Ich konnte mich gestern Nacht nicht satt hören an dem Geräusch, das Fische machen, wenn sie die Oberfläche aufwühlen und dabei klingen wie nasse Hände. Jetzt regnete es und ich stieg in mein Auto. Eine nicht unwichtige Eigenschaft von Wundern scheint zu sein, dass sie nicht besprochen werden können. Man kann wahre Worte über sie verlieren aber natürlich tragen jene stets ab aus dem Ereignis, um die Brücke zu uns zu tun. Der Scheibenwischer des Land Rovers war immer noch kaputt und auf der Windschutzscheibe kündigten sich die ersten grossen Tropfen an. Dass wir uns nie von Geschichte erholen, ging mir durch den Kopf, als ich von Sachseln aus aufbrach um in ein Dorf an der Grenze zwischen Basel-Land und Solothurn zu fahren.
Angefangen hatte die Reise weder bei Wundern, noch im Autositz – sondern, wie so oft, im Wort. Es war im Frühjahr letzten Jahres, als mir mein Freund Michael am Esstisch beiläufig erzählte, was er von seiner Grossmutter einmal als Kind gehört hatte. Eine Hand sei im Zweiten Weltkrieg – einem Wunder gleich – am Himmel über der Schweiz erschienen, habe das Land vor dem Krieg bewahrt und diese Hand, die habe dem Bruder Klaus gehört. An die Stelle eines Nicht-Wissens waren innerhalb von Sekunden erste Fragmente einer Geschichte getropft, welche auf der Stelle damit begannen, zu einer ausgemachten Sache zu gerinnen. Und anstatt des bisherigen Schweigens gab es nun zu Reden. Ich setzte den Blinker in Richtung Luzern.
[…]
Angefangen hatte die Reise weder bei Wundern, noch im Autositz – sondern, wie so oft, im Wort. Es war im Frühjahr letzten Jahres, als mir mein Freund Michael am Esstisch beiläufig erzählte, was er von seiner Grossmutter einmal als Kind gehört hatte. Eine Hand sei im Zweiten Weltkrieg – einem Wunder gleich – am Himmel über der Schweiz erschienen, habe das Land vor dem Krieg bewahrt und diese Hand, die habe dem Bruder Klaus gehört. An die Stelle eines Nicht-Wissens waren innerhalb von Sekunden erste Fragmente einer Geschichte getropft, welche auf der Stelle damit begannen, zu einer ausgemachten Sache zu gerinnen. Und anstatt des bisherigen Schweigens gab es nun zu Reden. Ich setzte den Blinker in Richtung Luzern.
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Goatherds
2017-2022, coming soon
2017-2022, coming soon
«Die Luft im Bitschgi»
2021
Die Finnen seien schweigsam. Es ist warm und die Blätter der Birken über uns rascheln ununterbrochen. So, wie man den Wind hört, obwohl man ihn zu sehen sucht, will ich dich mögen. Überall ist Licht und unter dem ausgebleichten Plastiktisch ein stattlicher Schatten. Jemand beisst in einen der letzten Äpfel vom Vortag und ich staune, wie lautlos sich der Raum aus dem Bitschgi zurück ins Rundherum vermengt. Woher sie wohl kommt, die Luft darin. Es ist Mittagszeit am Pyhälammi und wir frühstücken.
Jemand fragt Liisa, ob es denn stimme, dass die Finnen stille Menschen seien. Liisa ist von hier und hat vorhin einen der Unsrigen kilometerweit von hier entfernt auf einer Landstrasse gefunden und ihn mit dem Auto zu uns zurückgebracht. Sie schnauft schwer, hat braune Haut und ihre kleinen Augen lachen ständig. Wir alle sehen uns an und versuchen Gemeinsamkeiten übers Wörterbuch zu finden. Eigentlich ein gedehntes Dankeschön. Oft bleibt es lange völlig ruhig – ausser den Fingern, die in dem kleinen gelben Buch blättern und in den Bäumen. Liisa sagt schliesslich Ja und sonst nichts weiter und ich frage mich, was genau die Frage eigentlich ernten wollte.
Jemand fragt Liisa, ob es denn stimme, dass die Finnen stille Menschen seien. Liisa ist von hier und hat vorhin einen der Unsrigen kilometerweit von hier entfernt auf einer Landstrasse gefunden und ihn mit dem Auto zu uns zurückgebracht. Sie schnauft schwer, hat braune Haut und ihre kleinen Augen lachen ständig. Wir alle sehen uns an und versuchen Gemeinsamkeiten übers Wörterbuch zu finden. Eigentlich ein gedehntes Dankeschön. Oft bleibt es lange völlig ruhig – ausser den Fingern, die in dem kleinen gelben Buch blättern und in den Bäumen. Liisa sagt schliesslich Ja und sonst nichts weiter und ich frage mich, was genau die Frage eigentlich ernten wollte.