«Einen Baum verliert man leicht»
2022, coming soon


Ich konnte mich gestern Nacht nicht satt hören an dem Geräusch, das Fische machen, wenn sie die Oberfläche aufwühlen und dabei klingen wie nasse Hände. Jetzt regnete es und ich stieg in mein Auto. Eine nicht unwichtige Eigenschaft von Wundern scheint zu sein, dass sie nicht besprochen werden können. Man kann wahre Worte über sie verlieren aber natürlich tragen jene stets ab aus dem Ereignis, um die Brücke zu uns zu tun. Der Scheibenwischer des Land Rovers war immer noch kaputt und auf der Windschutzscheibe kündigten sich die ersten grossen Tropfen an. Dass wir uns nie von Geschichte erholen, ging mir durch den Kopf, als ich von Sachseln aus aufbrach um in ein Dorf an der Grenze zwischen Basel-Land und Solothurn zu fahren.

Angefangen hatte die Reise weder bei Wundern, noch im Autositz – sondern, wie so oft, im Wort. Es war im Frühjahr letzten Jahres, als mir mein Freund Michael am Esstisch beiläufig erzählte, was er von seiner Grossmutter einmal als Kind gehört hatte. Eine Hand sei im Zweiten Weltkrieg – einem Wunder gleich – am Himmel über der Schweiz erschienen, habe das Land vor dem Krieg bewahrt und diese Hand, die habe dem Bruder Klaus gehört. An die Stelle eines Nicht-Wissens waren innerhalb von Sekunden erste Fragmente einer Geschichte getropft, welche auf der Stelle damit begannen, zu einer ausgemachten Sache zu gerinnen. Und anstatt des bisherigen Schweigens gab es nun zu Reden. Ich setzte den Blinker in Richtung Luzern.

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